EPA Beschleunigung von Einspruchsverfahren

Das EPA wird das Einspruchsverfahren beschleunigen, wenn eine Verletzungs- oder Nichtigkeitsklage vor dem EPG anhängig gemacht wurde. Siehe die EPA News vom 22.02.2024 und EPA ABl. 2023, A99. Das EPA ist der Ansicht, dass „ein schneller Abschluss des parallelen Einspruchsverfahrens vor dem EPA Rechtssicherheit und Verfahrensökonomie sowie eine hohe Qualität und Einheitlichkeit des europäischen Patentsystems fördert.“

Ich bin gespannt, ob dadurch abweichende Ansichten zwischen dem EPA und dem EPG in parallelen Einspruchs-/Widerrufsverfahren in Zukunft tatsächlich vermieden werden können.

Änderungen der EPA-Verwaltungsgebühren ab 01. April 2024

Zum 01. April 2024 treten verschiedene Änderungen an der Gebührenstruktur des EPA in Kraft. Siehe die News-Website des EPA. Sowohl die ermäßigten Gebühren für KMU als auch die Erhöhung einiger Jahresgebühren wurden breit diskutiert; die Besucher meiner Website werden darüber z. B. auf Juve Patents, dem Kluwer-Patentblog und in verschiedenen LinkedIn-Beiträgen von geschätzten Kollegen aus der Patentbranche gelesen haben.

Ein Aspekt, der bisher offenbar weniger Beachtung gefunden hat, ist, dass die jüngsten Entscheidungen des EPA auch die Verwaltungsgebühren betreffen (die im Vergleich zu den Gebühren für Anmeldung, Recherche, Prüfung und Verlängerung weniger in der Diskussion stehen). Die Gebühr für die Eintragung eines Rechtsübergangs wird auf Null reduziert, sofern der Antrag über MyEPO eingereicht wird. Siehe EPA ABl. 2024, A5 – Gebührencode 022, Punkt 1.1.

Man könnte meinen, dass die derzeitige Gebühr von 120 EUR keine große Sache ist, aber das EPA erhebt diese Gebühr pro Anmeldung oder pro Patent, selbst wenn in allen Anmeldungen/Patenten dieselben Nachweise für die Übertragung eingereicht werden. Im Falle einer Fusion oder Abspaltung von Unternehmen kann die Eintragung des Übergangs von Anmeldungen und Patenten im Rahmen der derzeit noch geltenden Verwaltungsgebührenregelung oft zu Verwaltungsgebühren von insgesamt mehreren hunderttausend Euro führen.

Es kommt selten vor, dass ich die Gebührenstruktur des EPA und die ständig steigenden Gebührenbeträge begrüße. Gelegentlich frage ich mich sogar, ob das EPA dabei ist, sich selbst aus dem Markt zu drängen (insbesondere im Vergleich z. B. zu den Gebühren des DPMAs). Die Senkung der Verwaltungsgebühr für die Eintragung eines Rechtsübergangs ist zwar dadurch motiviert, Anreize für die Nutzung von MyEPO zu schaffen, ist aber meines Erachtens ein großer Schritt. Dies gilt inbesondere, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit mit der Überprüfung der Berechtigung der Unterzeichner einer Rechtsübergangserklärung verbunden sein kann (z. B. wenn eine Kette von Vollmachten überprüft werden muss, um die Zeichnungsberechtigung der Unterzeichner zu prüfen). Die Ermäßigung der Verwaltungsgebühr für die Eintragung eines Rechtsübergangs über MyEPO wird es hoffentlich leichter machen, Anmelder/Patentinhaber davon zu überzeugen, dass es im Allgemeinen eine gute Idee ist, die EPA-Registerdaten mit der materiellen Inhaberschaft konsistent zu halten, wenn eine Übertragung stattgefunden hat.

BPatG: Der Einsprechende muss eindeutig identifizierbar sein

Der Beschluss 20 W (pat) 8/23 des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 15. November 2023 zeigt, wie wichtig es ist, dass die Identität eines Verfahrensbeteiligten von Anfang an klar ist. Das BPatG bestätigte, dass ein Einspruch unzulässig ist, wenn sich die Identität des Einsprechenden nicht aus dem Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist ergibt. In dem entschiedenen Fall hatte ein Patentanwalt den Einspruchsschriftsatz unterzeichnet und im Verfahren argumentiert, er sei selbst der Einsprechende. Dieser Argumentation schloss sich das BPatG nicht an.

Der amtliche Leitsatz lautet:
„Legt ein Patentanwalt oder eine Patentanwältin im eigenen Namen (auch als „Strohmann“) Einspruch gegen ein Patent ein, muss sich seine bzw. ihre Stellung als alleinige einsprechende Person aus den innerhalb der Einspruchsfrist gemachten Angaben ent weder unmittelbar oder im Wege der Auslegung zweifelsfrei ergeben. Dabei reicht die bloße Unterzeichnung der Einspruchsschrift durch den Anwalt bzw. die Anwältin, der/die üblicherweise im Namen Dritter tätig wird, nicht aus. [to clearly indicate that he/she acts not as representative but as party to the proceedings]“

Dies macht deutlich, wie wichtig es ist, in einen beim DPMA eingereichten Einspruchsschriftsatz die Identität des Einsprechenden ausdrücklich anzugeben. (Anders als das Formblatt 2300 des EPA stellt das DPMA kein amtliches Formblatt für Einsprüche bereit, das eine Gedächtnisstütze für dieZulässigkeitsanforderungen bietet.)

Designschutz für Komponenten eines modularen Systems

In seinem Urteil vom 24. Januar 2024 in der Rechtssache T-537/22 entschied das Europäische Gericht, dass der Nichtigkeitsantrag gegen ein eingetragenes Design für einen Baustein eines modularen Systems zurückzuweisen sei. Das Europäische Gericht bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer, nach der selbst dann, wenn alle Erscheinungsmerkmale des von dem angegriffenen Design geschützten Erzeugnisses ausschließlich durch ihre technische Funktion im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV)bedingt sind, das angegriffene Design nicht für nichtig erklärt werden kann, da es unter die Ausnahmeregelung zum Schutz von modularen Systemen nach Artikel 8 Absatz 3 GGV (Nummern 16 und 74 ff. von T-537/22).

Dieses Urteil des Europäischen Gerichts ist das zweite Urteil im Zusammenhang mit diesem Nichtigkeitsverfahren. Das Europäische Gericht hatte die Bedeutung von Art. 8(3) GGV bereits in der Rechtssache T-515/19 hervorgehoben. Das aktuelle Urteil T-537/22 bestätigt, (a) dass eingetragene Designs wirkungsvolle geistige Eigentumsrechte sein können, und (b) dass Artikel 8 Absatz 3 GGV eine Ausnahme von großer praktischer Bedeutung vorsieht, die für verschiedene Arten von modularen Systemen (und nicht nur für Fahrzeugreparaturteile) Relevanz hat. Dies steht im Einklang mit Erwägungsgrund (11) der GGV, in dem es heißt: „die mechanischen Verbindungselemente von Kombinationsteilen [können] ein wichtiges Element der innovativen Merkmale von Kombinationsteilen bilden und einen wesentlichen Faktor für das Marketing darstellen und sollten daher schutzfähig sein“.

EPO-Validierungsabkommen

Am 15. Januar 2024 trat ein Validierungsabkommen zwischen der Europäischen Patentorganisation und Georgien in Kraft. Damit wird die Validierung europäischer Patentanmeldungen und vom EPA erteilter Patente in der Republik Georgien möglich. Weitere Informationen sind auf der Website des EPA abrufbar.

BGH zum Schadensersatz (Patentverletzung)

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) (Urteil vom 14. November 2023 – X ZR 30/21 – Dämpfungsumformmaschine) befasst sich mit Schadensersatz in Patentverletzungsverfahren in Deutschland. Eine englische Übersetzung der Entscheidung wurde vom Vertreter des Klägers (Müller-Stoy von Bardehle) auf LinkedIn zur Verfügung gestellt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei der Berechnung des Schadensersatzes auf der Grundlage des Verletzergewinns grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen sind, die in einem kausalen Zusammenhang mit der Patentverletzung stehen. Dies gilt selbst dann, wenn solche Gewinne durch den Verkauf von Verbrauchsmaterialien oder anderen Hilfsmitteln oder Dienstleistungen erzielt werden, die für sich genommen keine unmittelbare (§ 9 PatG) oder mittelbare (§ 10 PatG) Verletzungshandlung darstellen. Erforderlich ist lediglich, dass die Gewinne des Verletzers in einem kausalen Zusammenhang mit der Rechtsverletzung stehen. Ein Beispiel sind Verbrauchsmaterialien, die der Verletzer infolge der Patentverletzung verkauft hat; die Gewinne sind auch dann zu berücksichtigen, wenn diese Verbrauchsmaterialien nicht zur technischen Wirkung des Patents beitragen und/oder nicht mit den erfinderischen Merkmalen des Anspruchs zusammenwirken.

Es ist zu erwarten, dass diese Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf Patentstreitigkeiten in Europa haben wird und Deutschland als Standort für Patentstreitigkeiten noch attraktiver macht.

Anspruchsauslegung am EPG

In der Entscheidung UPC_CFI_292/2023 der Lokalkammer (Local Division = LD) München vom 20.12.2023 wies die LD einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme zurück. Nach dem ersten Leitsatz der Entscheidung können während des Erteilungsverfahrens vorgenommene Anspruchsänderungen zur Anspruchsauslegung herangezogen werden. In dem entschiedenen Fall vertrat die LD München die Auffassung, dass eine während des Verfahrens vorgenommene Anspruchsänderung ein ursprüngliches Anspruchsmerkmal genauer definiert und daher enger auszulegen ist als von der Antragstellerin vorgetragen.

In einem auf LinkedIn veröffentlichten Artikel merkte ein deutscher Patentanwaltskollege an, dass er im ersten Leitsatz dieser Entscheidung einen Paradigmenwechsel im Vergleich zur bisherigen nationalen deutschen Praxis der Anspruchsauslegung sieht. Diese Auffassung teile ich nicht. Während sich deutsche Gerichte traditionell nicht auf File History Estoppel gestützt haben, haben mehrere aktuellere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) – wie BGH, Urteil vom 14.06.2016 – X ZR 29/15 – Pemetrexed und BGH Urteil vom 10.05.2011 – X ZR 16/09 – Okklusionsvorrichtung – bereits erläutert, dass während des Erteilungsverfahrens vorgenommene Anspruchsänderungen ein nützliches Instrument für die Auslegung sein können. Die Entscheidung der LD München scheint im Einklang mit dieser nationalen deutschen Rechtsprechung zu stehen (die für sich genommen allerdings eine Praxisänderung in Richtung der nationalen Praxis anderer EPÜ-Vertragsstaaten darstellt, die die Grundsätze des File History Estoppels anwenden).