Es ist selten, dass eine Entscheidung der Beschwerdekammer in den (beruflichen und/oder IP-bezogenen) sozialen Medien großes Interesse hervorruft. Anders war dies in der vergangenen Woche, als viele Patentanwälte mit Begeisterung über T 0056/21 vom 04. Oktober 2024 gepostet haben.
Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet:
„Bei der Prüfung einer Patentanmeldung bieten weder Artikel 84 noch die Regeln 42, 43 und 48 EPÜ eine Rechtsgrundlage für die Forderung, dass die Beschreibung so angepasst werden muss, dass sie den zulässigen Ansprüchen eines engeren Gegenstands entspricht.“
Einige haben angedeutet, dass T 0056/21 die Praxis des EPA in Bezug auf die Anpassung der Beschreibung erheblich verändern wird. Das bleibt abzuwarten.
Die Roche-Patentabteilung und der Anwalt, der T 0056/21 bearbeitet, verdienen Lob dafür, dass sie sich um eine Klärung dieser Frage bemüht haben. Dies gilt umso mehr, als die Anpassung der Beschreibung einigen Prüfern im Lichte der Qualitätsdiskussionen sehr am Herzen zu liegen scheint. Und Beschwerdekammer 3.3.04 ist für die Entscheidungsbegründung zu loben, die nicht nur umfassend ist, sondern sich auch daran orientiert, was die Verfasser des EPÜ im Hinblick auf Klarheit im Sinn hatten.
Wohl nicht jeder, der die verschiedenen Beiträge zu T 0056/21 liest, ist sich der Tatsache bewusst, dass dieselbe Beschwerdeführerin (Roche) diese Fragestellung bereits in einem früheren Erteilungsverfahren vor die Beschwerdekammer gebracht hat. Die frühere Beschwerde führte zur Entscheidung T 1989/18 vom 16. Dezember 2021. Die letztgenannte Entscheidung hat zwar keinen Leitsatz, aber die Argumentation in den Punkten 4-13 von T 1989/18 kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie der Leitsatz von T 0056/21. T 1989/18 scheint – leider – nicht viel an der Praxis des EPA in Bezug auf die Anpassung der Beschreibung geändert zu haben. Es bleibt zu hoffen, dass Roche (oder andere Anmelder) sich weiterhin dafür engagieren, zur Klärung der Frage beizutragen, ob und in welchem Umfang eine Beschreibungsanpassung an geänderte Ansprüche erforderlich ist. Zumindest in den US-Verfahren scheinen alle Beteiligten sinnvoll mit einer Beschreibung arbeiten zu können, die nicht an Anspruchsänderungen während des Verfahrens angepasst werden muss.