Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2023, X ZB 9/21 – Ästhetische Behandlung, betrifft die Abwägung von Geheimhaltungsinteressen und die wirksame Durchsetzung eines Patents oder Gebrauchsmusters in selbständigen Beweisverfahren.
Ein Gutachten wurde auf der Grundlage einer Inaugenscheinnahme eines möglicherweise schutzrechtsverletzenden Produkts erstellt. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bezieht sich auf einen erstinstanzlichen Gerichtsbeschluss über die Herausgabe des Gutachtens an den Antragsteller (d. h. den Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber, der die Einsichtnahme beantragt hat). Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein solcher Beschluss im Wege der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist. Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht die sofortige Beschwerde auch dann als Rechtsmittel zur Verfügung, wenn das erstinstanzliche Gericht die Herausgabe des Gutachtens an den Antragsteller anordnet, obwohl der Antragsgegner (d. h. typischerweise der angebliche Schutzrechtsverletzer) ein Geheimhaltungsinteresse geltend macht (mit der Begründung, dass das Gutachten Informationen über Geschäftsgeheimnisse enthält).
Der Bundesgerichtshofs hat außerdem entschieden, dass der Antragsgegner sein Geheimhaltungsinteresse auch dann vortragen muss, um die Erstattung des Gutachtens an den Antragsteller anzufechten, wenn das Patentamt (hier: das DPMA) bereits eine negative vorläufige Stellungnahme zur Rechtsbeständigkeit des geltend gemachten Gebrauchsmusters oder Patents abgegeben hat.
Die Bedeutung dieser Entscheidung zeigt sich u.a. darin, dass sie in der amtlichen Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs (BGHZ) veröffentlicht werden wird.