Neues zum UPC

Die epi-Podcast-Episode INSIGHT epi UPC Case Law – Episode 3 bietet interessante Updates zu Entwicklungen im Zusammenhang mit dem UPC. Die folgenden Aspekte waren für mich besonders interessant:

Erstens scheint, wie einer der Vortragenden erläuterte (der aus erster Hand über seine Erfahrungen mit einem Antrag auf Akteneinsicht bei der Nordisch-Baltischen Regionalkammer berichtete), die Rechtsprechung der Kammern durch den nationalen (rechtlichen) Hintergrund der Richter beeinflusst zu sein. Dies könnte einer der Gründe sein, warum der erste Antrag auf Akteneinsicht bei der Nordisch-Baltischen Regionalkammer größeren Erfolg hatten als die beiden annähernd gleichzeitig anhängigen Anträge auf Akteneinsicht, die von anderen bei der Zentralkammer München eingereicht wurden.

Zweitens scheint das CMS mit einigen Verfahrenssituationen nicht zurechtzukommen. Was die Akteneinsichtsverfahren angeht, so scheint das CMS bei der Beschwerde des Patentinhabers gegen die Entscheidung der Regionalkammer, Einsicht in die (geschwärzten) Schriftsätze zu gewähren, nicht richtig funktioniert zu haben.

Wie immer kann ich Ihnen nur empfehlen, sich diese Folge von INSIGHT epi anzuhören.

UPC-Ranking von JUVE Patent

Viele Anwaltskanzleien und (potenzielle) Prozessparteien haben mit Spannung das erste UPC Litigation Ranking erwartet, das kürzlich von JUVE Patent veröffentlicht wurde.

Das Ranking vom Dezember 2024 hat einen überraschenden Trend offenbart: Einige der Top-Patentanwaltskanzleien, die für ihre Arbeit im Prosecutionbereich und in nationaler Litigation bekannt sind, sind im UPC-Ranking nicht zu finden. Dazu gehören Kanzleien, die eine proaktive Rolle bei der Vorbereitung des neuen Systems gespielt haben (wie BOEHMERT & BOEHMERT mit Prof. Goddar), und Kanzleien, die in der Spitzengruppe für nationale Litigation rangieren (wie df-mp).

EPG-Verfahren mit Fußballbezug

Im Hinblick auf die im Juni beginnende Fußball-Europameisterschaft ist es interessant, dass vor kurzem ein Antrag auf einstweilige Maßnahmen gemäß R. 206 UPCA auf der Grundlage des Patents 1 944 067 eingereicht wurde. Das Patent bezieht sich auf eine Technik zum Erkennen einer Abseitssituation bei einem Fußballspiel.

Die Union des Associations Européennes de Football (UEFA) ist eine der Antragsgegnerinnen.

Das Verfahren ist unter dem offiziellen Aktenzeichen ACT_16267/2024 anhängig.

Patentverletzungsklage vor UPC-Zentralkammer

Gegen die Microsoft Corporation wurde eine Verletzungsklage bei der Zentralkammer des UPC eingereicht. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen ACT_18406/2024 anhängig.

Dies scheint die erste Patentverletzungsklage zu sein, die bei der Zentralkammer eingereicht wurde.

Zum Hintergrund: Art. 33(1) EPGÜ stellt zwei mögliche Gerichtsstände für die Erhebung einer Verletzungsklage gegen einen Beklagten bereit, der seine Hauptniederlassung außerhalb des Hoheitsgebiets der Vertragsmitgliedstaaten hat: Die Verletzungsklage gegen einen derartigen Beklagten kann nach Wahl des Klägers erhoben werden vor (i) der Lokalkammer oder der Regionalkammer eines Staates, in dem die geltend gemachte angebliche Verletzung stattgefunden hat, oder (ii) der Zentralkammer. Somit definiert Art. 33(1) EPGÜ einen alternativen Gerichtsstand (die Zentralkammer) für Patentverletzungsverfahren gegen Beklagte, für die es keinen Gerichtsstand gemäß Art. 33(1)(b) EPGÜ gibt.

Anspruchsauslegung am EPG

In der Entscheidung UPC_CFI_292/2023 der Lokalkammer (Local Division = LD) München vom 20.12.2023 wies die LD einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme zurück. Nach dem ersten Leitsatz der Entscheidung können während des Erteilungsverfahrens vorgenommene Anspruchsänderungen zur Anspruchsauslegung herangezogen werden. In dem entschiedenen Fall vertrat die LD München die Auffassung, dass eine während des Verfahrens vorgenommene Anspruchsänderung ein ursprüngliches Anspruchsmerkmal genauer definiert und daher enger auszulegen ist als von der Antragstellerin vorgetragen.

In einem auf LinkedIn veröffentlichten Artikel merkte ein deutscher Patentanwaltskollege an, dass er im ersten Leitsatz dieser Entscheidung einen Paradigmenwechsel im Vergleich zur bisherigen nationalen deutschen Praxis der Anspruchsauslegung sieht. Diese Auffassung teile ich nicht. Während sich deutsche Gerichte traditionell nicht auf File History Estoppel gestützt haben, haben mehrere aktuellere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) – wie BGH, Urteil vom 14.06.2016 – X ZR 29/15 – Pemetrexed und BGH Urteil vom 10.05.2011 – X ZR 16/09 – Okklusionsvorrichtung – bereits erläutert, dass während des Erteilungsverfahrens vorgenommene Anspruchsänderungen ein nützliches Instrument für die Auslegung sein können. Die Entscheidung der LD München scheint im Einklang mit dieser nationalen deutschen Rechtsprechung zu stehen (die für sich genommen allerdings eine Praxisänderung in Richtung der nationalen Praxis anderer EPÜ-Vertragsstaaten darstellt, die die Grundsätze des File History Estoppels anwenden).

Zeitfragen beim EPG

Das EPG hat vor 100 Tagen seine Arbeit aufgenommen. Eine der interessanten Fragen in der Rechtsprechung betrifft die Frage, ob die Tageszeit zu berücksichtigen ist, um zu ermitteln, welches von mehreren Ereignissen zuerst eingetreten ist. In einem Webinar haben die Kollegen von Hoffmann Eitle Einblicke in eine solche Situation gegeben, in der eine Nichtigkeitsklage (bei der Zentralkammer) und eine Verletzungsklage (bei einer Lokalkammer) am selben Tag, aber mit einer zeitlichen Verzögerung von 19 Minuten eingereicht wurden. In dem Zwischenverfahren zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage hatte sich das Gericht mit der Frage zu befassen, ob die Tageszeit relevant sein kann, um zu ermitteln, welche Klage zuerst anhängig gemacht wurde (wobei das Gericht in seiner Entscheidung offenbar die Auffassung vertrat, dass im Interesse der Rechtssicherheit die Tageszeit relevant ist).

Diese Begründung ist interessant in Anbetracht der Tatsache, dass (i) in vielen anderen Rechtsordnungen nur das Datum von Bedeutung ist und einige Gerichte, wie z. B. das deutsche Bundespatentgericht, technisch nicht darauf eingerichtet sind, beispielsweise den Zeitpunkt des Eingangs einer in Papierform eingereichten Klage zu bestimmen; (ii) Verfahrensbeteiligten möglicherweise eine „First-to-Action“-Strategie verfolgen werden (insbesondere wenn sie glauben, dass eine Lokalkammer patentinhaberfreundlicher ist als die Zentralkammer, wie auch von Hoffmann Eitle im heutigen Webinar erörtert wurde);(iii) die „kleinste Zeiteinheit“ (nur Tageszeit oder Datum) für andere Szenarien als Verletzungs-/Widerrufsklagen relevant sein kann, z. B. für die Bestimmung der zeitlichen Reihenfolge von Opt-out und Nichtigkeitsklage (relevant für die Zulässigkeit der UPC-Nichtigkeitsklage).

Bereits aktiv in Verfahren involvierte EPG-Kanzleien

Letzte Woche habe ich an einem sehr informativen Seminar über EPG-Verfahren teilgenommen, das von einer großen gemischten Rechtsanwalts- und Patentanwaltskanzlei veranstaltet wurde. Die Vortragenden haben sehr betont, dass sie nicht nur eingetragene Vertreter sind (von denen es viele gibt), sondern auch aktive Vertreter in dem Sinne, dass sie bereits aktiv in Verfahren vor dem EPG tätig sind. Bis heute sind nur wenige registrierte EPG-Vertreter bereits in laufenden EPG-Verfahren tätig.

Aus Interesse habe ich die Stand heute (10. Juli 2023) im Register einsehbaren Verfahren durchgesehen. Dabei habe ich mich auf die im Register einsehbaren Hautpsacheverfahren in Verletzungssachen geschränkt (16 Verfahren, die ich am 10. Juli 2023 einsehen konnte). Nachfolgend ist das Resultat meiner Zählung von bereits aktiven Kanzleien. (Bitte melden Sie sich, falls ich versehentlich Ihre Kanzlei übersehen habe!) Die Liste ist nach der Anzahl der Hauptsacheverfahren sortiert. Kanzleien, die die gleiche Anzahl von Hauptsacheverfahren anhängig gemacht haben, sind dann alphabetisch gelistet.

Bardehle: 4 Hauptsacheverfahren

Arnold Ruess, Bird & Bird, Bonelli Erede, Clifford Chance, eip, Finnegan, Gleiss Große, Grünecker, Gulliksson, Roschier, Sandart, Wildanger: je 1 Hauptsacheverfahren