Das UPC hat vor mehr als zwei Wochen seine Arbeit aufgenommen. Wenn ich das Register der öffentlich einsehbaren Verfahren des UPC im CMS verwende, werden mir derzeit (16.06.2023) 12 Verfahren angezeigt (drei Nichtigkeitsklagen und neun Verletzungverfahren). Zu den neun Verletzungsverfahren gehören drei in München, zwei in Düsseldorf und zwei in Hamburg. Dies deutet darauf hin, dass entweder das elektronische CMS-Register noch nicht voll funktionsfähig ist oder die Fallzahlen viel niedriger sind als die 100 Fälle, die laut dem (optimistischen) ipwatchdog-Blog vom 31.5.2023 mit dem Titel „Countdown to the Unified Patent Court, Part V, Five Predictions for the UPC on Day One“ erwartet wurden.
Isolierte Nichtigkeitsklage am UPC
Beim Testen einiger Funktionen der CMS-Suchwerkzeuge, die vom UPC CMS bereitgestellt werden, habe ich soeben bemerkt, dass am 2. Juni 2023, also am zweiten Tag des Gerichts, eine isolierte Nichtigkeitsklage (d. h. eine Nichtigkeitsklage, die keine Nichtigkeitsgegenklage in einer Verletzungsklage ist) bei der Zentralkammer des UPC in München eingereicht wurde. Das Patent ist ein Bündelpatent (d. h. keine einheitliche Wirkung), da es vor dem 1. Juni 2023 erteilt wurde.
Der Streitwert beträgt 100 Mio. EUR. Ein Rechtsstreit zwischen denselben Parteien über ein US-Patentfamilienmitglied des nunmehr vor dem UPC angegriffenen Patents wurde kürzlich vom Obersten Gerichtshof der USA in der Rechtssache Amgen vs. Sanofi entschieden. Der US-Fall betraf die interessante Frage der ausführbaren Offenbarung über den gesamten Anspruchsbereich, d.h. die Frage, wie breit unabhängige Ansprüche im Vergleich zu den spezifischen Ausführungsbeispielen abgefasst werden dürfen.
Dies ist ein würdiger Anfang für das UPC-System, das offensichtlich interessante Fälle anzieht.
Bedauerlich ist, dass trotz der Bemühungen, ein modernes, vollelektronisches System einzurichten, die Nichtigkeitsklage gemäß R. 4.2 UPC (UPC CMS funktioniert nicht korrekt) offenbar in Papierform eingereicht wurde.
Technisch qualifizierte Richter am UPC
Vor einigen Tagen hat einer der technisch qualifizierten Richter (ein Kollege aus Frankreich, der in der Gemeinschaft hoch angesehen und sehr bekannt ist) angekündigt, dass er sein Amt als technisch qualifizierter Richter (TQJ) nicht antreten wird. Seiner Ansicht nach ist im Hinblick auf den UPC-Verhaltenskodex die Erfüllung der Pflichten eines technisch qualifizierten Richters mit der Arbeit eines Anwalts für seine Mandanten schwer in Einklang zu bringen.
Dieser Rücktritt ist zwar ein erheblicher Verlust für das UPC, aber diese Art von ethischem Verhalten und Reflexion sind zu begrüßen. Dieses Verhalten steht auch in angenehmem Kontrast zur häufig geäußerten Einstellung der Art: „das System der nebenamtlichen Richter funktioniert beim Schweizer Bundespatentgericht, also muss es auch beim UPC funktionieren“. (Nur um das klarzustellen: Natürlich kann ein solches System funktionieren, aber die Bedenken hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte sollten ernstgenommen werden). Es wird interessant sein zu sehen, ob dieser Rücktritt ein Einzelfall bleibt oder ob in den nächsten Wochen oder Monaten weitere TQJs die Situation neu überdenken werden.
UPC Case Management System (CMS)
Gegenwärtig (Mitte Mai 2023) scheint das UPC CMS Schwierigkeiten zu haben, die Anzahl der eingereichten Opt-out-Anträge zu bewältigen. Dies scheint kein guter Start für das neue System zu sein:
Erstens scheint die Zahl der Opt-out-Anträge zwar beträchtlich zu sein (und mit dem Herannahen des Monats Juni 2023 noch zuzunehmen), aber diese Art von Anträgen ist normalerweise nicht mit der Übertragung großer Datenmengen verbunden. Dies wirft die Frage auf, wie gut das CMS in der Lage ist, die möglicherweise gleichzeitige Einreichung mehrerer umfangreicher Schriftsätze im UPC-Feldbetrieb ab Juni 2023 zu bewältigen.
Zweitens scheint die Zahl der Opt-out-Anträge zu verdeutlichen, dass es viele Anmelder und Patentinhaber gibt, die – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – noch nicht von dem neuen System überzeugt sind.
Positiv ist, dass sich die Anmelder und Patentinhaber offenbar der Möglichkeiten bewusst sind, die das neue System bietet, und dass sie proaktiv die Schritte unternehmen, die sie für ihr Patentportfolio für angemessen erachten.
Patent mit einheitlicher Wirkung
Wie mir gerade bewusst wurde, hat das EPA das Rechercheformular für Suchen im Europäischen Patentregister bereits angepasst, um die Möglichkeit der Antragsstellung auf einheitliche Wirkung zu berücksichtigen. Das aktualisierte Suchformular bietet Suchfelder für die Eingabe des Antragsdatums und des Registrierungsdatums für die einheitliche Wirkung.
Richterpanel bei UPC-Konferenz
Das EPA war Mitte November 2022 Mitveranstalter einer Konferenz über das neue einheitliche Patentsystem. Teil der Konferenz war ein Panel von Richtern, an dem einige der prominenten Persönlichkeiten teilnahmen, die vor kurzem in die Richterschaft des UPC gewählt worden waren. Es wurden verschiedene Themen diskutiert. Nur einige Beispiele: Die Richter im Panel schienen sich einig zu sein, dass es eher selten vorkommen wird, dass eine Widerklage auf Erklärung des Verfalls von einem Verletzungsverfahren abgetrennt und an die Zentralkammer verwiesen wird (es sei denn, es gibt mehrere Widerklagen auf Erklärung des Verfalls vor verschiedenen örtlichen/regionalen Kammern). In Fragen wie der Unverhältnismäßigkeit von Unterlassungsansprüchen scheinen die Richter derzeit weniger einhelliger Meinung zu sein. Eine Aufzeichnung der Konferenz ist noch immer online verfügbar – es lohnt sich, diese bei Interesse anzusehen.
EPG-Richter ernannt
Die Namen (einer ersten Gruppe) von EPG-Richtern wurden auf der UPC-Website veröffentlicht. Die Ernennung weiterer Richter steht noch aus. Die Liste der Richter wurde bereits ausführlich diskutiert, z. B. auf Juve und Managing IP.