Bidding farewell to the EPO’s 10-day-rule

The EPO’s 10-day-rule will be abandoned from 1 November 2023. A safeguard mechanism will be effective in case a document is received late (more than 7 days late), with the burden of proof in case of disputed notifications being with the EPO. The new regulation applies to documents notified on or after 1 November 2023. See OJ EPO 2023, A29 for more details and some examples.

Große Beschwerdekammer zur Übertragung des Prioritätsrechts

Die aktuelle Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G1/22 und G2/22 macht es einfacher, die wirksame Übertragung des Prioritätsrechts darzulegen und zu beweisen. Dies ist eine gute Nachricht für Patentanmelder und Patentinhaber, die bislang Schwierigkeiten hatten, den Nachweis eines gültigen Rechtsübergangs zu erbringen. In der Zusammenfassung des Europäischen Patentamts zu den tragenden Erwägungen heißt es: “Der Prioritätsanspruch wird vermutet, wenn die formalen Erfordernisse für die Inanspruchnahme der Priorität erfüllt sind. Diese Vermutung ist gerechtfertigt, weil (i) alle Beteiligten haben in der Regel ein Interesse daran, dass eine Anmeldung ein Prioritätsrecht in Anspruch nehmen kann, (ii) es keine formalen Anforderungen für die Übertragung von Prioritätsrechten gibt , und (iii) der Anmelder der Prioritätsanmeldung den Anmelder, der die Priorität beansprucht, unterstützen muss (z. B. durch Vorlage unveröffentlichter Dokumente).”

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Zeitpunkt der Übertragung noch vor der späteren Anmeldung liegen muss. Das bedeutet, dass es zwar einfacher ist, eine gültige Überweisung nachzuweisen, der Zeitpunkt der Überweisung aber immer noch entscheidend ist. Weitere Einzelheiten finden sich in den zahlreichen Kommentaren, die bereits zu diesen Entscheidungen veröffentlicht wurden. Siehe z. B. den DeltaPatents-Blog zu den Entscheidungen G1/22 und G2/22.

Enlarged Board of Appeal on transfer of priority right

The recent decisionby the Enlarged Board of Appeal G1/22 and G2/22 has made it easier to demonstrate a valid transfer of priority right. This is good news for patent applicants and patentees who may have struggled with the previous requirements for demonstrating a valid transfer. According to the EPO’s summary of the key considerations, “entitlement to priority is presumed to exist if the formal requirements for claiming priority are fulfilled. This presumption is justified because (i) all parties involved normally have an interest that an application may benefit from a priority right, (ii) there are no formal requirements for the transfer of priority rights, and (iii) the applicant of the priority application has to provide support to the applicant claiming priority (e.g. by providing unpublished documents).”

However, it is important to note that the time of transfer must still pre-date the subsequent filing. This means that while the process of demonstrating a valid transfer may be easier, the timing of the transfer is still crucial. More details can be found in the many comments that were already published on these decisions. See, e.g., the DeltaPatents Blog on decisions G1/22 and G2/22.

EPO Examination Matters ’23

The EPO hosts a great hybrid format conference Examination Matters 2023. The event is very interactive and provides lively discussions on topics of practical relevance for patent practitioners (both substantive and procedural). Check out the conference materials once they become available.

EPA Examination Matters 2023

Das EPA veranstaltet derzeit eine tolle Konferenz Examination Matters 2023 im Hybridformat . Die Konferenz ist sehr interaktiv und bietet lebhafte Diskussionen zu Themen, die für Patentrechtler von praktischer Bedeutung sind (sowohl materiellrechtlich als auch verfahrensrechtlich). Ein Blick auf die Konferenzunterlagen ist sicher lohnend!

Inaugenscheinnahme im selbständigen Beweisverfahren

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. August 2023, X ZB 9/21 – Ästhetische Behandlung, betrifft die Abwägung von Geheimhaltungsinteressen und die wirksame Durchsetzung eines Patents oder Gebrauchsmusters in selbständigen Beweisverfahren.

Ein Gutachten wurde auf der Grundlage einer Inaugenscheinnahme eines möglicherweise schutzrechtsverletzenden Produkts erstellt. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bezieht sich auf einen erstinstanzlichen Gerichtsbeschluss über die Herausgabe des Gutachtens an den Antragsteller (d. h. den Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber, der die Einsichtnahme beantragt hat). Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein solcher Beschluss im Wege der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist. Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht die sofortige Beschwerde auch dann als Rechtsmittel zur Verfügung, wenn das erstinstanzliche Gericht die Herausgabe des Gutachtens an den Antragsteller anordnet, obwohl der Antragsgegner (d. h. typischerweise der angebliche Schutzrechtsverletzer) ein Geheimhaltungsinteresse geltend macht (mit der Begründung, dass das Gutachten Informationen über Geschäftsgeheimnisse enthält).

Der Bundesgerichtshofs hat außerdem entschieden, dass der Antragsgegner sein Geheimhaltungsinteresse auch dann vortragen muss, um die Erstattung des Gutachtens an den Antragsteller anzufechten, wenn das Patentamt (hier: das DPMA) bereits eine negative vorläufige Stellungnahme zur Rechtsbeständigkeit des geltend gemachten Gebrauchsmusters oder Patents abgegeben hat.

Die Bedeutung dieser Entscheidung zeigt sich u.a. darin, dass sie in der amtlichen Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs (BGHZ) veröffentlicht werden wird.

Inspection in infringement proceedings

The German Federal Supreme Court’s recent decision of August 1, 2023, X ZB 9/21 – Aesthetic treatment (“Ästhetische Behandlung”) relates to the balance of confidentiality interests and effective enforcement of a patent or utility model in independent evidentiary procedures.

An expert opinion was prepared based on an inspection of a potentially infringing product. This Supreme Court decision relates to a first instance court order on the provision of the expert opinion to applicant (i.e., the patent or utility model owner who requested the inspection). The Supreme Court held that such an order is appealable by means of immediate appeal (“sofortige Beschwerde”). According to this Supreme Court decision, immediate appeal is available as a legal remedy also when the first instance court orders that the expert opinion be disclosed to applicant despite the respondent (i.e., the alleged infringer) asserting a confidentiality interest (due to the expert opinion including information on trade secrets).

The Supreme Court also held that the respondent has to actively assert its confidentiality interest even if the Patent Office (here: the GPTO) has already provided a negative preliminary opinion on the validity of the asserted utility model or patent, in order to challenge the provision of the expert opinion to applicant.

The importance of this decision is evidenced by the fact that it will be published in the official collection of decisions of the German Federal Supreme Court (BGHZ).

Vorbenutzungsrechte in Deutschland

Um sich auf ein Vorbenutzungsrecht berufen zu können, muss der Inhaber des Vorbenutzungsrechts im Besitz einer Ausführungsform gewesen sein, die in den Schutzbereich der im geltend gemachten Patent oder Gebrauchsmuster beanspruchten Erfindung fällt. Nach der ständigen Rechtsprechung deutscher Gerichte gibt es starke Beschränkungen für Abwandlungen einer vorbenutzten Ausführungsform, damit diese noch vom Vorbenutzungsrecht profitieren können. Abwandlungen sind in der Regel unzulässig, wenn sie einen stärkeren Eingriff in die im Patent oder Gebrauchsmuster beanspruchte Erfindung darstellen als die ursprüngliche Ausführungsform, in deren Besitz der Vorbenutzer vor dem Zeitrang des Patents oder Gebrauchsmusters war.

Eine in Verletzungsverfahren häufig angewandte Faustregel ist, dass eine Änderung im Rahmen des Vorbenutzungsrechts im Allgemeinen nicht zulässig ist, wenn die geänderte Ausführungsform erstmalig in den Gegenstand eines abhängigen Anspruchs des Patents oder Gebrauchsmusters eingreift, der in der ursprünglichen (das Vorbenutzungsrecht begründenden) Ausführungsform nicht realisiert war. Beispielhaft hierfür sind die Erörterung der modifizierten Ausführungsform in OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2021, 2 U 116/05 – Saugfähige Faserstoffbahn.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner kürzlich ergangenen Entscheidung vom 20.6.2023, X ZR 61/21 – Faserstoffbahn entschieden, dass es Fälle gibt, in denen eine Abwandlung eines vorbenutzten Gegenstands, die erstmals Merkmale eines abhängigen Anspruchs verwirklicht, noch vom Vorbenutzungsrecht abgedeckt sein kann. Konkret hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden, dass dies der Fall sein kann, wenn (a) die Abwandlung nicht mit einer bestimmten technischen Wirkung verbunden ist, die im Patent oder Gebrauchsmuster hervorgehoben wird, oder (b) die Abwandlung vom Fachmann am Prioritäts- oder Anmeldetag des Patents oder Gebrauchsmusters als selbstverständliche Maßnahme in Betracht gezogen worden wäre.

Die BGH-Entscheidung “Fasetstoffbahn” befasst sich auch mit interessanten verfahrensrechtlichen Aspekten im Zusammenhang mit den Besonderheiten des Gebrauchsmusterrechts.

Prior use rights in Germany

In order to rely on a prior use right, the holder of the prior use right must have had in its possession an embodiment falling within the scope of the invention claimed in the asserted patent or utility model. Consistent jurisprudence by German courts has held that there are limitations on the modifications that are still covered by the prior use right. Modifications are generally not permissible if they constitute a more severe act of using the invention claimed in the patent or utility model than the original embodiment that was conceived by the prior use rights holder prior to the effective date of the patent or utility model.

A rule of thumb frequently invoked in infringement proceedings is that a modification is generally not permissible within the ambits of the prior use right if the embodiment as modified falls within the scope of a dependent claim of the patent or utility model, while the original embodiment did not. See, e.g., the discussion of the modified embodiment considered in OLG Düsseldorf, decision of 24.6.2021, 2 U 116/05 – Saugfähige Faserstoffbahn (“absorbent fiber web”).

The German Federal Supreme Court held in its recent decision of 20.6.2023, X ZR 61/21 – Faserstoffbahn (“fiber web”) that there are cases in which a modification which implements features of a dependent claim for the first time may still be covered by the prior use right (even though the embodiment as conceived prior to the effective date of the patent or utility model did not implement the features of the dependent claims). More specifically, the German Federal Supreme Court held that this can be the case if (a) the modification is not associated with a particular technical effect discussed in the patent or utility model, or (b) the modification would have been considered by the skilled person as a matter of routine as of the effective date of the patent or utility model.

The German Federal Supreme Court decision “Fasetstoffbahn” also addresses interesting procedural aspects related to specifics of utility model law.

Claim construction in DE nullity proceedings

A recent decision of the German Federal Patent Court, 2 Ni 30/21 (EP), which relates to one of Signify’s LED technology patents, is illustrative for claim construction in DE nullity proceedings. Patentee wanted a claim feature (“clipped into”) to be understood broadly (which is unusual in nullity proceedings). The German Federal Patent Court interpreted the feature in question much more narrowly. The German Federal Patent Court held that the patent was to be maintained on the basis of a (significantly limited) independent claim of an auxiliary request.

It was due to the very narrow interpretation of the “clipped into” feature that the German Federal Patent Court held that this feature was not disclosed by some of the prior art document (see, e.g., sections II.7.5, 7.6, 7.7, and 7.8 of the reasons of the decision 2 Ni 30/21 (EP)).

This case illustrates that the German Federal Patent Court may give claims a much narrower meaning than the interpretation suggested by patentee. Signify’s LED technology patents continue to provide interesting case law (with German Federal Supreme Court decision of December 20, 2018 – X ZR 56/17 – Schaltungsanordnung III being a well-known example).